Nachruf auf den klassischen 35 mm Film
vom
17.6.12 von Dr. Norbert Fink
siehe auch technische Trends
Der 35mm-Film ist das
ursprüngliche Filmformat. Es wurde 1893 von
William Dickson
in den Edison Laboratorien verwendet. Die frühen Filme waren auf leicht
brennbarem
Nitrofilm (Zelluloid, Nitrozellulose), der sich schon bei 38 Grad entflammen
konnte (vgl. "Cinema Paradiso"). Deshalb gab es in den alten Kinos eine Metallklappe,
die bei Stillstand des Projektors immer herunter fallen musste, denn sollte der
Motor stillstehen, aber die Lichtbogenlampe noch brennen, kam es zum
gefürchteten Brand des Films. Dieser war der Schießbaumwolle ähnlich und mit
Wasser nicht löschbar. Die Herstellung von Zelloid-Film wurde 1951 eingestellt
und später verboten. Solche Filme werden aber noch Filmarchiv Austria gelagert.
Sie müssen kalt kopiert werden.
Kurz vor dem zweiten Weltkrieg wurde das 35mm Film als "Kleinbildfilm" auch von
Amateurfotografen verwendet, allerdings längs zur Perforation als 24 x 36 mm Film,
egal ob Dia, SW- oder Farbnegativ.
Die berühmte "Leica" verwendete z.B. dieses Format dass sich bis heute bei
den analogen Spiegelreflexkameras hielt. Profis verwendeten Mittelformate (6x6)
oder noch größere Formate.
Für digitale Kameras in Amateur-Ausführungen hat sich aber das
APS-C - Format
durchgesetzt.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/35-mm-Film
Im Kino ist das effektive Bildformat kleiner, da quer zur Perforation. Der ursprüngliche Stummfilm hatte
24 x 18mm, bald musste Platz für die Tonspur her - 22 x 16 mm (Academy Format),
heute ist es nur noch 21,95 × 13,17 für das gebräuchliche 1: 1:1,85mm
Format. Hier ist oben und unten ein dicker unbelichteter Streifen (siehe unteres
Muster) . Bei Cinemascope (wie auf
dem Muster oben) entfällt dieser, doch das Bild ist zylindrisch verdichtet und
wird durch einen Anamorphoten in die Breite verzerrt, auf ungefähr 1: 2,2.
Kratzer werden dabei allerdings auch breiter!
Tonfilme mit dem Lichttonverfahren gab es flächendeckend ab 1936. "The Jazz
Singer" von 1927 gilt aber als der erste Tonfilm, sieht man von Experimenten mit
mehr oder minder parallel laufenden Grammophonplatten ab. Es gab Zackenschrift
(auch Stereo, siehe oben) und Sprossenschrift. 1976 kam mit "Tommy" von THE WHO
der erste Dolby-Stereo Sourround Film mit Lichtton auf den Markt.
Zuvor gab es Stereo- und Mehrkanalverfahren nur über Magnetton (6-Kanal
bei 70mm ab 1963 und 4-Kanal-Magentton bei 35mm, das sich kaum verbreitete).
Dolby Digital gibt es seit 1992 und verbesserte den Ton in entsprechend
ausgestalteten Kinos dramatisch (z.B. Saal 1 des Cinema 2000). DTS und SDDS
hätten weitere Vorteile (mehrere Sprachversionen) gebracht, setzten sich aber
kaum durch.
Links
zwischen der Perforation ist der digitale Dolby-Digitalton untergebracht.
Farbfilme im Kinos gab es auch schon lange. Vor dem echten Farbfilm
gab es farbig viragierte Kopien
(farbiger Träger), getönte Kopien (sepia, blau ...) bis hin zu handkolorierten (!) Kunstwerke.
Dann folgte ein 2-Farben Ufacolor / Technicolor Verfahren 1931.
Mehrschichten-Farbfilme wurden von Agfa und Kodak parallel entwickelt und kamen 1936 auf den
Markt. Agfacolor setzte sich ab 1940 in Deutschland durch (als ORWO in der DDR). Diese Verfahren waren
sowohl im Kino, also auch in der Fotografie zunehmend beliebt.
Das 3-Farben-Technicolor-System ist ganz anders. Es ist farbstabil, aber aufwändig: hier werden auf
drei (!) schwarzweiss-Filme jeweils die drei Grundfarben aufgenommen und
erst beim Positiv farbig nacheinander auf den Film gestempelt ("Print"). Noch
heute werden Archivkopien in diesem Verfahren erstellt, sie halten über 150
Jahre.
Gerade die frühen Eastmancolor -Farbnegativfilme, auch auf dem gigantischen 70mm
Format, haben sich farblich zersetzt (color dying) und sind auch nur sehr schwer
zu restaurieren. Andere Herstellen empfahlen deshalb die (Tief)kühlung der
Originalnegative.
Mit Beginn der digitalen Postproduktion wurde der Produktionsprozess zwar
einfacher und billiger, aber keineswegs besser. So wurden viele Filme noch auf
35mm aufgenommen, dann aber eingescannt, durch den digitalen Fleischwolf gedreht
und wieder zurückbelichtet. Das Verfahren nennt
sich "Digital Intermediate" und wird bei nahezu allen großen Produktionen
eingesetzt. Die beste Bildqualität ist jetzt also in digitaler Form auf einem
großen Plattencluster vorhanden, quasi als "digitales Master". Leider kommt die
Übertragung in die 35mm-Form für die Kinokopien via Laserbelichter aus
Kostengründen nur für das Masterband in Frage. Nur dieses Masterband und noch
einige andere "Premierenkopien" transportieren auch nahezu die volle
Bildqualität. Von nun an geht es beim weiteren analogen Kopieren mit der
Bildqualität ständig bergab, denn
die üblichen Hollywoodfilme kommen alle auf
35mm Filmkopien in die Kinos, welche bereits die fünfte oder sechste
Kopiergeneration darstellen. Nur wer schon echte "Festivalkopien" gesehen
hat, wo noch das Negativ auf das Positiv kopiert wurde, weiß was eigentlich in
dem Format stecken würde -nämlich mehr als 4k! In der Praxis muss man froh sein,
wenn ein echtes HD herauskommt. Zuletzt wurden die Kopien immer schleissiger und
ihr Farbraum flacher....
Seit einigen Jahren gibt es aber schon voll digital aufgenommene Kinofilme.
Kameras wie die "Red Hat" machten sich dabei einen Namen. Auch wurden
Canon-Spiegelreflexkameras im HD-Videomode ebenso eingesetzt, weil sie sehr
empfindlich sind und auch noch Licht sparen, was die Produktion ebenfalls
billiger macht. Daraus entwickelte Canon eine neue EOS-C-Serie. Hier wurde für
35mm ebenfalls eine nachträgliche Filmbelichtung erforderlich.
Beamer statt Filmprojektor
Anfangs hatten die gebeamten Videos im Standard-Fernsehformat oder die dann
daraus erstellten Filme einen schrecklichen Ruf. Statt möglicher 4000 Zeilen nur
maximal 625!
Was für den kleinen Fernseher gedacht war, wurde aufgeblasen.
Erst die echten Kinoprojektoren, anfangs kaum erschwinglich, und jetzt immer
noch in der Größenordnung von 50 - 70.000€ pro Saal, bringen eine Auflösung von
2K (1998 x 1080 pixel =
rund 2000 Spalten). Dies ist etwas mehr als 1080p HD
(=1080 Zeilen). Große Kinos haben schon 4 k (4096 pixel in der Breite = ca 8
Mpixel). Noch gibt es aber kaum Software in 4K.
Heimkino /HD-Fernsehen begnügt sich auf 1080i oder 720p, ist aber
gegenüber dem SD-TV ein riesiger Fortschritt.
Vorteile:
Das Bild ist immer scharf - bei 35 mm musste die Schärfe oft nachgestellt werden
und so mancher schlampiger Vorführer vernichtete so die gute Qualität des
Films
Der Bildstand ist immer gleich - bei 35 konnte es zu Sprüngen kommen, v.a. wenn
falsch geklebt wurde. Ruhiger Bildstand ohne Zittern.
Kein Filmriss mehr möglich.
Hervorragende Tonqualität, Dolby 5.1 und neuerdings 7.1
Anlieferung in einem kleinen Köfferchen als DCP-Festplatte, statt schwere 5-7
"Akte" und rund 20kg.
Digitaler Kopierschutz.
Meist höhere Helligkeit und höherer Kontrast als auf 35mm lassen auch bei 2K die
Qualität zu guten Kopien ebenbürtig, ja besser erscheinen.
Ausbau auf 3D relativ einfach möglich. Dafür ist eine metallbeschichtete
Leinwand erforderlich, aus einem Projektor mit rund 100 Hz wird das Bild in 2 x
50 Teilbilder pro Sekunde mechanisch aufgespalten, die mal horizontal, mal
vertikal polarisiert sind. Eine billige Polarisationsbrille genügt für
verblüffende Effekte.
Weitere Entwicklungen:
Das große Potential an Verbesserungen steckt in der Bildfrequenz. Der Film hat
24 Bilder pro Sekunde, die durch eine Art Propeller abgedeckt werden, um das
Flimmern zu reduzieren.
Bewegungen, vor allem Schwenks in der Totale, sind aber so bis heute
unbefriedigend. So gibt es statt 24fps (frames per second) auch schon 48fps -
Digitalfilme. Das bringt mehr als mehr Pixel!
Der ursprüngliche 70mm Filme sollte mit 30 Bildern pro Sekunde laufen, war
aber zu teuer. Der nächste Schritt wird also die Verdoppelung der Bildfrequenz
auf 48 sein. Die Industrie will ja, dass bald alles rasch veraltet ist.
Der FKC wird ab Juli 2012 ebenfalls die meisten Filme im DCP Verfahren zeigen,
im Saal 1 bleibt uns aber noch ein 35mm Projektor erhalten (der nie mehr genutzt
werden sollte).
Umrechnung der Auflösung:
optische Filme wurden in Linien pro Millimeter gemesssen. Amateuer-Diafilme
lösten ca. 120 Linien pro mm auf, 1 Linie ist aber 2 Zeilen (eine schwarze und
eine weiße), Dokumentenfilme (z.B. Archiv-Mikrofilme) bis 1000 Linien.
Spionagefilme in Satelliten schafften bis 2000 Linien pro Millimeter!
Theoretisch wären 120 Linien pro mm x 2 Zeilen x 13mm = 3120 pixel in der Höhe, bzw. 5040 in der Breite, also rund 15 MP. Doch schaut die Praxis anders aus und auch die Optiken des Projektors sind nicht auf das ausgelegt!
Dr. Norbert Fink, 17.6.12 update 19.9.14